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Es ist doch so einfach!

Veröffentlicht am von Shade

Seit einigen Wochen erlebe ich immer wieder eine Flut von Ratschlägen für jene Leute, denen es gerade nicht gut oder gar wirklich schlecht geht. Was mich persönlich dabei erschrickt ist diese Unbedachtheit, mit welcher Menschen, die uns zeigen wollen, welch sonniges Gemüt sie sich angeschafft haben, anderen Leuten, die sich gerade in einer Notlage be- oder empfinden, erklären wollen, dass man solche Problem locker flockig lösen kann. Dabei möchte ich zwei Punkte aufgreifen und ebenso vorwarnen: Wer von diesen Helferleins keine Kritik verträgt, soll jetzt aufhören zu lesen.

 

Es geht hier um solche Sätze, dass man EINFACH aufhören soll, traurig zu sein, wenn man nicht gut drauf ist, dass man EINFACH SO loslassen soll, dass man den Weg zu sich selbst EINFACH SO und natürlich nur alleine finden kann.

 

Das Haarsträubende an diesen Texten, bei denen Menschen uns erklären wollen, dass man EINFACH SO seine Probleme nicht mehr als Probleme ansehen muss und alles ist toll und gut und paletti ist, dass sie von sich angeben, bei ihnen wäre es auch so einfach gegangen, und zwar auch um aus Depressionen auszusteigen.

 

An erster Stelle möchte ich hier zu einer NLP-Vorannahme greifen, welche heisst:

Die Landkarte ist nicht das Gebiet.

 

Sogar wenn es also für diese Einfach-Befürworter wirklich so gewesen wäre - und ich möchte darauf hinweisen, dass ich WÄRE schreibe - bedeutet das nicht, dass dieser EINFACHE Tipp auch für andere so einfach ist.

 

Somit an alle Rat-SCHLAGENDEN: Jemand, dem es gerade wirklich schlecht geht, der Traumata miterlebt hat und keine Kraft hat, braucht absolut keinen Tipp, dass er einfach aufhören soll, schlecht drauf zu sein. Jemand der wirklich eine Depression hat, vielleicht gar eine chronische oder eine die auf neurologischen Problemen basiert, dem wird ein solcher Rat nicht nur nicht helfen. Nein! Er wird sich noch schlechter fühlen, weil ihr ihm eigentlich zu verstehen gebt: Es ist doch so EINFACH und du bist zu blöde, es hinzubekommen.

 

Solche scheinbar gut gemeinten Ratschläge zeugen von einem kompletten Mangel an emotionaler Intelligenz und gesunder Empathie und sind... um es mal grob auszudrücken: gemeingefährlich!

 

Weiterhin möchte ich jene Menschen, die solche Tipps am Laufband produzieren und mir zu verstehen geben wollen, dass sie auch so EINFACH aus ihrer Depression ausgestiegen sind, mal die Idee mit auf den Weg geben, dass sie vielleicht gar keine Depression hatten!

 

Mir wurde von jemandem erklärt, dass er depressiv gewesen wäre und genau diesen Fusstritt nötig gehabt hätte um aus seinem Gejammere auszusteigen.

Jemand der noch Kraft hat zu jammern, ist weit entfernt von einer Depression. Solche Menschen stecken normalerweise in einer Problemtrance fest aus welcher sie - mit dem Argument "Trance ist doch gut" - auch gar nicht aussteigen wollen. Dass da eine mentale Ohrfeige hilfreich sein kann, streite ich nicht ab.

 

Doch ein Mensch mit einer ausgewachsener Depression benötigt saubere Anleitung, ein guter Zuhörer mit Einfühlungsvermögen, der heraushört wo die Ansätze in jenem Menschen sein können, die ihm Schritt für Schritt helfen können, weiter ein - für seinen Zustand - besseres Leben zu führen. Er benötigt kein, "mach doch einfach", kein Schulterklopfen, kein "da muss du alleine herauskommen, aber nur Mut", um dann von jenen Ratschlägern alleine gelassen zu werden, die sich zu Hause stolz über das eigene Köpfchen streicheln, weil sie doch so gute Menschen sind, die nun jemand geholfen haben... und wenn der damit nichts anfangen kann, ist es dessen Schuld.

 

In diesem Sinne: Versucht euch mal wirklich in jemanden hereinzuversetzen, der keinen Sinn mehr in seinem Alltag findet, auch nicht jenen, sich stündlich darüber zu beschweren!

Es ist doch so einfach!

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