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Der Initialkonflikt

Veröffentlicht am von Shade

Was passiert in unserer Gesellschaft I:

Der Initialkonflikt

 

Ich schaue mir die Gesellschaft an sich und den einzelnen Menschen seit einiger Zeit an, und habe mir immer Gedanken darum gemacht zu verstehen, warum der Mensch heute so ist wie er ist, und was dies mit unserer Gesellschaft macht. Einiges davon habe ich schon in Texten wie...

"Wieviel Wir steckt in Wir"

"Das Borderlinewesen der Liebe" oder

"Unmoralische Genetik"

beschrieben.

Doch da ich der Sache auf den Grund gehen möchte, möchte ich verschiedene Aspekte näher beleuchten, so unter anderem unsere Entwicklung vom Kleinkind zum "scheinbar" Erwachsenen.

 

So kann ich seit einigen Jahren feststellen, dass die Probleme, die Leute in ihrem Leben wahrnehmen (ich sehe das für mich selbst nicht anders) nur die "obere Schicht" ist, die sich im Äusseren zeigt. In der NLP, in welcher ein Werkzeug namens S.C.O.R.E. benutzt wird, bedeutet S "Symptom", also das Erleben einer Situation, und das C steht für "Cause" (Grund), und bringt uns eben diesen Grund näher, warum wir die Situation als Problem bewerten. Der Sinn, mit diesem Werkzeug zu arbeiten ist also unter anderem, uns verständlich zu machen, dass der Grund, warum wir eine Situaiton als Problem wahrnehmen, ein innerer Konflikt, ein inneres Dilemma ist.

 

An dieser Stelle möchte ich klarstellen, dass dies nicht bedeutet, dass es im Äusseren nie ein Problem gibt. Wenn man einen unangenehmen Chef hat, kann dies sehr wohl auf "objektiver" Ebene der Fall sein. Allerdings kann uns die Arbeit mit S.C.O.R.E. erklären, dass wir ihn vielleicht nur subjektiv so wahrnehmen, weil sein Benehmen etwas in uns triggert, und dass es demnach eher die Situation mit dem Chef ist, die unerträglich wird, weil wir uns im Dilemma befinden, eine andere Arbeit zu suchen oder zu bleiben aus Angst, keine neue Stelle zu finden und somit zwar eine unerträgliche aber sichere Arbeitsstelle zu haben.

 

Dies ist natürlich nur ein Beispiel, doch viele Situationen haben einen ähnlichen Rahmen, und deuten somit auf einen inneren Konflikt hin. Ich habe mich also irgendwann gefragt, ob alle ähnlichen Problem einen ähnlichen Inneren Konflikt als Grundlage besitzen, und fand zumindest Ansätze zu einer Antwort in der Transaktionsanalyse von Eric Berne.

 

Dazu möchte ich kurz erklären, wie diese Analyse funktioniert, um besser zu verstehen, dass wir sozusagen nicht ein einziges Individuum sind, sondern aus inneren Anteilen (Werten) bestehen, die miteinander arbeiten oder in Konflikt zueinander stehen. Isabelle Padovani zB spricht nicht von Ego, sndern von Eneis (dem Wir).

 

In der Transaktionsanalyse wird von verschiedenen Persönlichkeitsanteilen gesprochen (Ego-States), die sich in uns entwickeln, während wir aufwachsen und unsere Erfahrungen machen. Auch wenn Erziehung und Erfahrungen von Mensch zu Mensch verschieden sind, so kann man doch Ähnlichkeiten erkennen, die unsere Prägungen betrifft. Und gleich verschiedener Programme die mit derselben Programmiersprache erarbeitet werden können, entwickeln wir aus individuelle Weisen mit unserer "Programmierung" von Erziehung und Erfahrung .

 

Ich werde die 6 Ego-States kurz erklären, wer sich weiter zu dem Thema informieren möchte, wird Informationen von Eric Berne finden, der die Transaktionsanalyse ausgearbeitet hat (u.a.: Spiele der Erwachsenen von Eric Berne).

 

Kritisches Eltern-Ich: Er achtet auf unsere Werte und entscheidet, was "gesund" für uns ist. Im unausgeglichenen Fall entscheidet er für andere und kritisiert sie oder sich selbst)

 

Fürsorgliches Eltern-Ich: Er achtet darauf, dass man bekommt, was man benötigt und trägt Verantwortung. Im unausgeglichenen Fall glaubt er, die anderen benötigen ihn, und dies kann so weit gehen, dass er andere klein macht, um ihnen dann helfen zu können.

 

Freies Kind: Dieser Anteil in uns hat Freude an dem was er tut, lernt ohne zu verurteilen und aus purer Freude an der Neugier. Im unausgeglichenen Fall verschwindet dieser Anteil fast ganz und überlässt den Platz den Eltern-Anteilen sowie den anderen Kind-Ich-Anteilen.

 

Rebellen-Kind: Es will seine eigenen Erfahrungen machen und wehrt sich gegen Werte, die ihm aufgezwungen werden. Im unausgeglichenen Fall, fühlt er sich von jeder Meinung persönlich angegriffen und wird keinen jeden Wert als falsch betrachten.

 

Angepasstes Kind: Es respektiert die Werte der anderen und akzeptiert diese als Mittel, in Austausch und Kommunikation mit den anderen zu bleiben. Im unausgeglichenen Fall, wird es sich immer den Werten anderer unterwerfen, aus Angst ausgeschlossen und demnach nicht mehr geschützt zu sein.

 

Erwachsenen-Ich: Es versucht Situationen so neutral wie möglich zu bewerten um den Eltern-Ichs den nötigen Platz zu schaffen, gesunde Entscheidungen zu fällen und den Kind-Ichs die Möglichkeit zu geben, ihre Gefühle auf gesunde Weise ausleben zu können. Es akzeptiert und respektiert sich selbst, erkennt seine Grenzen und weis demnach auch, die anderen zu respektieren. Dieser Anteil wird zum Mediator zwischen unseren inneren Anteilen. Im unausgeglichenen Fall hat sich dieser Anteil nicht (mit Hilfe des Rebellenkindes) entwicklen können, und existiert demanch nicht als "Anker" für eine gesunde Balance. Wenn dieser Anteil fehlt, hat das freie Kind auch keinen Platz.

 

Ich wiederhole: Dies ist eine Rahmenerklärung um besser verstehen zu können, was in unserer Entwicklung zum Erwachsensein in uns abläuft, woraus dann die Erklärung entsteht, warum wir Situaitonen als Problem bewerten.

 

 

Wie entsteht der Initialkonflikt?

 

Auf Basis der Transaktionsanalyse werde ich nun (mit einem Beispiel) die Entwicklung erklären.

 

Als Kleinkind besitzen wir anfänglich nur ein Anteil, das freie Kind. Wir machen Erfahrungen in unserem Leben, lernen unser Umfeld und uns selbst kennen, ohne dass irgendwelche Werteurteile daran gebunden sind. Dazu gibt es auch keinen Grund, es spielt zB keine Rolle wie unsere Füsse sind, wenn wir sie kennen lernen. Wir nehmen sie mit der Zeit als das wahr, was sie sind: Füsse

 

Je mehr wir unser Umfeld kennenlernen, umso stärker werden wir uns "Gefahren" nähern. Nun werden die Eltern eine Rolle spielen, weil diese begründeterweise davor warnen.

 

Beispiel: Der kleine Paul will den Herd anfassen und seine Mutter warnt ihn, dass der Herd heiss ist und er sich die Finger verbrennen wird. Paul wird den Herd dennoch anfassen und schmerzhaft miterleben, dass er sich effektiv die Finger verbrennt.

 

In diesem Fall erlebt Paul demnach eine Erfahrung von primärer Konsequenz.

Er wird dem entnehmen, dass er seinen Eltern vertrauen kann, und solche Situationen werden sich wiederholen und das Vertrauen und die Erfahrung primärer Konsequenzen prägen.

 

zB.: Wenn du die Katze am Schwanz ziehst, wirst du dir blutige Finger einfangen...

usw.

Auch wird Paul erleben, dass es anderen Kindern nicht anders ergeht. Demnach scheint es sich um eine Regel zu halten, die unumstösslich und allgemein gültig ist.

 

Doch eines Tages wird es Situationen geben, deren Konsequenz NICHT primär sein wird...

 

 

Beispiel: Paul, der kein Einzelkind ist, hat Kekse bekommen und beginnt, diese zu essen. Seine Mutter sagt ihm, er solle sie nicht alleine essen sondern sie mit seiner Schwester teilen. "Sei nicht egoistisch, das ist nicht gut, das tut man nicht..." Da Paul geprägt ist, seiner Mutter zu vertrauen, wird die Kekse mit seiner Schwester teilen. Dennoch kann er nicht nachvollziehen, was denn nun passieren wird, wenn er die Kekse nicht teilen würde, weil das Wort "egoistisch" abstrakt ist und nicht konkret nachvollzogen werden kann wie der Schmerz, wenn er sich die Finger verbrennt.

 

Nun spielt Paul irgendwann mal draussen und sieht, wie ein anderes Kind Kekse bekommt. Dieser futtert drauf los als gäbe es kein Morgen und teilt mit niemandem. Doch nichts passiert. Da Paul keine Konsequenzen sieht was im Gegensatz dessen steht was er zB mit der heissen Herdplatte erlebt hat, stellen sich Zweifel ein. Er wird versuchen, bei der nächsten Gelegenheit die Kekse für sich zu behalten, und wird verschiedene Reaktionen erleben. Entweder seine Mutter sieht es nicht und es wird - wie bei dem Jungen auf dem Spielplatz - nichts passieren, oder es wird die Mutter sein die wütend wird und ihn gar bestraft.

 

Nun erlebt Paul zwei weitere Möglichkeiten. Entweder merkt er, dass es keine Konsequenz hat oder die Konsequenz kommt von der Mutter, er erlebt also eine sekundäre Konsequenz

 

Dies steht im krassen Gegensatz zu der bisherigen Prägung und wird nun im Innern ein Dilemma auslösen.

 

Auf der einen Seite will Paul verstehen, was es mit seinen eigenen Erfahrungen auf sich hat, die nicht mehr in die "erste Regel" passt. Auf der anderen Seite erlebt Paul die Wut und gar Bestrafung der Mutter, und eine Angst stellt sich ein, dass er nicht mehr geliebt und geschützt wird, wenn er sich der Regel nicht vorbehaltlos "unterwirft".

 

Hier tritt die Transaktionsanalyse ein, die nun zeigt, in welche Anteile sich das freie Kind spaltet: Das (den Forderungen der Eltern) angepasste Kind, und das Rebellenkind, welches seine Autonomie erhalten möchte.

 

Nun hört die Entwicklung jedoch nicht damit auf. So kann es sehr wohl sein, dass Eltern eine Abstraktion an ihre Seite nehmen, dessen Aspekte gar nicht mehr vom Kind kontrolliert werden können.

Hat das Paul also bisher gelernt, dass es immer eine Konsequenz jeglicher Art gibt (sei es vom Herd oder von den Eltern), sobald ein Elternteil dabei ist, sieht die Sache anders aus, wenn die Eltern zu weiteren "Erziehungsmassnahmen" greifen.

 

Beispiel: Die Mutter erklärt nun Paul, dass der Weihnachtsmann ihm keine Geschenke bringt, wenn er nicht "lieb" sei. An erster Stelle sei gesagt, dass Paul mit grosser Wahrscheinlichkeit kein Idiot ist, er mit grosser Wahrscheinlichkeit recht schnell erkennt, dass die Weihnachtsmänner, denen er begegnet, verkleidete "normale" Menschen sind. Sollte dies nicht der Fall sein, wird irgendwann der Tag kommen, an welchem man ihm erklärt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, und dass die Eltern ihn belogen haben. Auch weitere Geschichten, die immer wieder eingesetzt werden, um das Kind auf abstrakter Weise zu erziehen, wie Märchen (geh nicht alleine in den Wald, sonst frisst dich der Wolf), Gott, Karma usw, können nicht in irgendeiner Weise von Paul kontrolliert werden.

 

Paul wird demnach eine tertiäre Konsequenz erleben, die sozusagen "leer" bleibt, bzw nur von abstrakten Geschichten genährt sind, die oftmals so vage wie möglich bleiben, damit Paul sie mit seinen eigenen Schreckensideen füllen kann.

 

Er bleibt also unbewusst gefangen in dem Konflikt, nicht sicher sein zu können ob er den Eltern vertrauen kann, ohne dagegen rebellieren zu können aus Angst die Sicherheit zu verlieren, die sie ihm anbieten oder gar aus Angst vor einer Strafe, die nur deswegen Ängste auslöst, weil er sie sich - im Gegensatz der konkreten Schmerzen einer verbrannten Hand - eben nicht wirk-lich vorstellen kann.

 

So einfach dies auch klingen mag, dieser Initialkonflikt ist die Basis jeder Situation, die wir späterhin als Problem definieren.

Um zum ersten Beispiel mit der Arbeit zurückzukehren:

Das Dilemma in welcher die Person sich befindet ist der Konflikt zwischen dem inneren angepassten Kind, das die Sicherheit der festen Stelle nicht verlassen will und dem Rebellenkind das die eigene Erfahrung machen möchte, ob es woanders nicht besser ist.

 

Kurz ausgedrückt, bleibt eine einzige Frage zu solchen Situationen:

 

Bringe ich meine Sicherheit wirklich in Gefahr, wenn ich so handele, wie ich es gerne möchte?

 

 

Nun kann man natürlich fragen, woran es liegt, dass wir so seltenst aus diesem Konflikt aussteigen bzw uns dann eher auf die Sicherheit 'verlassen' als verantwortlich zu handeln.

 

Dies werde ich in einem weiteren Text erklären, der sich auf die Grundformen der Angst von Fritz Riemann basiert und weiter erläutert, warum in unserer Gesellschaft das angepasste Kind eine so grosse Macht hat, und welche Konsequenzen dies auf Dauer haben wird.

 

 

 

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